Prix Kunstverein 2018
Maya Hottarek (*1990)
Der Kunstverein Biel verleiht dieses Jahr den Prix Kunstverein an die Künstlerin Maya Hottarek (*1990, CH) und setzt damit sein Engagement zur Förderung des regionalen Kunstschaffens fort. Die Jury setzt sich aus Mitgliedern des Vorstandes des Kunstvereins zusammen und ehrt mit dem Förderpreis jährlich eine vielversprechende und eigenständige Position aus Biel und Umgebung. Neben dem Preisgeld erhält Maya Hottarek die Möglichkeit, im Rahmen der Cantonale Berne Juraim Kunsthaus Pasquart den aktuellsten Stand ihres künstlerischen Schaffens zu präsentieren.
Maya Hottarek ergründet in ihrer Arbeit unser ambivalentes Verhältnis zur Natur und setzt dieses in Beziehung zu Internettrends und Praktiken des Volksglaubens. Die Künstlerin untersucht, wie sich Tradition oder Geschichte durch digitale Medien transformieren und lässt Erfahrungen aus ihrer eigenen Lebensrealität Teil ihres Schaffens werden. Der Ausbeutung natürlicher Ressourcen und ihrer Vermarktung begegnet sie mit Entwürfen einer entrückten Repräsentation der Natur und lässt dabei den Anschein einer Welt entstehen, die zwischen Rausch und Zerfall wankt.
Die Wahl des Mediums – Fotografie, Keramik, Installation, Video oder Readymade – unterwirft Maya Hottarek inhaltlichen Fragen und lässt daraus mediale Übersetzungsprozesse hervorgehen. Keramikoberflächen gehen über in grossformatige Bildabzüge, Alltagsgegenstände sind in Installationen integriert oder Fotografie wird auf Leinen gedruckt. Ihre Arbeiten verbinden oft verschiedene Medien und kreisen dabei jeweils eine Fragestellung ein. Im Video True Story(2016) folgt die Künstlerin beispielsweise einem Wasserstrom, in dem Behälter mit Kokosnusswasser schwimmen. Die Tetra Pak mit Kokosnusswasser als Readymade sind auch Bestandteil der Keramikinstallation Source of Life(2016), welche das groteske Bild eines Brunnens als Quelle des Lebens entwirft. Im Video hören wir ihre humorvoll aufgedrehten Kommentare, während sie dem Wasserlauf bis an seinen Ursprung folgt. Kokosnusswasser als Trendgetränk verspricht eine positive Wirkung beim Abnehmen oder unterstützende Wirkung beim Sport. Zynisch, dass Kokosnusswasser als Brunnen der Reinheit angepriesen wird und gleichzeitig am anderen Ende Welt gewonnen wird. Die ironische Darstellung einer unerschöpflichen Quelle eines kommerziellen Naturprodukts steht sinnbildlich für ihre subtile Kritik an einer Gesellschaft, welche den Bezug zur Natur zu verlieren scheint.
In ihrem neuesten Video IG HUL (2018) befasst sie sich mit dem «Bösen Blick», der Bezeichnung für die Vorstellung, dass durch den Blick eines Menschen mit magischen Kräften ein anderer Mensch Unheil erfahren, zu Tode kommen oder dessen Besitz geschädigt werden kann. Ein Kulturphänomen, das die Künstlerin im Video einer Selbsterfahrung unterzieht und in Beziehung setzt zu Medien des digitalen Zeitalters wie dem Smartphone. Sie geht der Frage nach, wie schwarze Magie angewendet wird, was für Ängste sie auslöst und welche Bedeutung dabei den sozialen Medien und dem Informationsfluss im Internet zukommt. In einer Gegenwart, in der wir die Natur mit einer Entspannungsanleitung geniessen, entwickelt Maya Hottarek im Video die Idee einer Rückwärtsbewegung zu einer vermeintlich reinen, ursprünglichen Existenz. Nicht ohne Ironie gelingt es der Künstlerin, eine Gleichzeitigkeit zwischen Irrglauben und Digitalität, kollektivem Gedächtnis und individueller Erfahrung zu erzeugen, die sinnbildlich für unsere unstete Zeit gesehen werden kann.